Angebotsentwicklung
Härtetest für eine Reise
Bild oben: Kühlendes Wasserloch mitten im Wadi, dem ausgetrockneten Flusstal.
Pressereisen folgen einer klaren Abmachung: Die Journalisten oder Influencer sind in zweifacher Weise eingeladen. Erstens, an der Reise teilzunehmen, und zweitens, darüber zu berichten. In beiden Fällen sind sie kritisch, aber wohlwollend.
Kritisch zum Wohle künftiger Kunden war eine Journalistengruppe bei einem neu entwickelten Angebot des E-Bike-Reisespezialisten Belvelo, einer Tochter des Reiseveranstalters Lernidee Erlebnisreisen. Für „Mit dem E-Bike durch den Oman“ war die Route ausgetüftelt, lokale Partner und gehobene Unterkünfte gefunden, alles war durchkalkuliert und mit 5880 Euro für zwölf Tage nicht eben auf der billigen Seite. Im November waren Fachjournalisten aus dem DACH-Raum zu einer verkürzten Version eingeladen. Nicht (nur), um über die Reise zu berichten, sondern auch, um sie zu testen. Auf Herz und Nieren, schärfer als übliche Mystery Tester und von leidenschaftlichen Diskussionen begleitet. Simmering gegen Kapfenberg ist nichts dagegen.
Konzentrieren wir uns auf den Hotelteil. Übernachtet wurde in einer idyllischen Oase, in einem Wüstencamp am Rand der Dünen, in einem Bergressort, in der historischen Altstadt von Nizwa und in der Hauptstadt Mascat.
Beginnen wir in der Oase. Das Arbeieen Resort hat ein knappes Dutzend Wohneinheiten, hübsche weiße Häuschen mit höchstens einem Stockwerk. Bemerkenswert ist die Lage: in einem Wadi, einem Tal direkt an einer steilen Sandsteinwand, an deren Fuß ein kühler Naturwasserpool plätschert. Die Terrasse liegt im Schatten einer riesigen Zeder – kurzum: ein Paradies aus 1001 Nacht. Am Lagerfeuer bei frischgepresstem Fruchtsaft (kein Alkohol im Oman) entzündet sich eine Diskussion über die Sanitärräume: Sind Dusche und WC im selben Raum angemessen? Selbstverständlich, sagt die eine Fraktion, gemessen am Standard der Bevölkerung ist das sogar luxuriös. Keinesfalls, findet die andere Seite, wer knapp 6000 Euro auf den Tisch legt, erwartet getrennte Facilitys und noch viel mehr. Den Streit entscheidet der britische Kronprinz William höchstpersönlich. Auf Booking.com wirbt das Resort mit einem Foto des Thronfolgers, der sichtlich beeindruckt dort übernachtete. Was für Prince William passt, passt auch für die Kunden.
Knoblauchmelone und Einheitscurry
Die nächste Nacht verbringen die Tester im Wahiba Sands Wüstencamp. Sonnenuntergang auf einer romantischen Düne, dazu werden Chai und Datteln serviert. Zur inzwischen vertrauten Speisenauswahl – köstliches Fleischcurry, Linsen-Dhal, Reis, Hummus, dünnes Fladenbrot – gibt es als willkommene Abwechslung Wassermelonen. Doch leider, der Koch schnitt die Melonen mit demselben Messer wie zuvor den Knoblauch für das Curry. Die Gruppe einigt sich rasch auf einen dezenten Hinweis an die Küche, nicht aber, welches Gewicht sie dem Vorfall gibt. Was wiegt mehr: der idyllische Dünenzauber oder der kleine Fauxpas?
Einige Radtouren und 4WD-Pickup-Fahrten später landen die Tester am Plateau unter dem Gipfel des Jabal Shams, des höchsten Berges des Oman. Dort oben auf 3028 Meter finden sich mehrere hochpreisige Resorts. Hier werden die fixen Frühstückszeiten einer kritischen Prüfung unterzogen. Wer den Sonnenaufgang am nahegelegenen Balcony Trail erleben will - der locker dem Vergleich mit dem weit berühmteren Grand Canyon in Arizona standhält -, verpasst unweigerlich das Frühstück. Das kann auch der Veranstalter nicht ändern. Sind Jausenpakete eine Lösung? Oder halten sie dem Vergleich zum üppigen Buffet nicht stand?
Kulinarisch geht es weiter (Diskussionen zu anderen Themen lassen wir hier unter den Tisch fallen). Jedes Mittagsrestaurant am Straßenrand serviert traditionelles Curry. So auch der Heritage Nobelschuppen in der Bezirkshauptstadt Nizwa – hervorragend, aber immer gleich. Als müsste man auf einer Österreichrundfahrt täglich Schnitzel essen. Die Gruppe diskutiert heftig, der Veranstalter rauft sich die Haare: Wie soll er die lokale Gastronomie ändern?
Hier wird es philosophisch: Ein neues Angebot zum Besten der Kunden zu testen ist wichtig und richtig. Doch soll man Landesübliches akzeptieren - oder es verändern wollen? Das Augenmerk nicht eher auf die Schönheit der Reise und die (im Übrigen perfekte) Organisation richten? Was ist dem Kunden wichtiger?
Am letzten Abend in Maskat kehrt Frieden ein. Am Hotel Ramee Guestline im Touristendistrikt ist nichts auszusetzen. Im Gegenteil, hier gibt es etwas Besonderes: kühles, frisches Bier. Das beruhigt die kritischsten Geister.