Wissen

Digitale Sichtbarkeit und Storytelling

Management
08.08.2024

 
Die Art und Weise, wie wir Botschaften an unsere Dialoggruppen senden, verändert sich radikal: Die Wahl eines Restaurants hängt immer mehr von der digitalen Sichtbarkeit und dem richtigen Storytelling ab. Eine Analyse mit Tipps für eine bessere Wahrnehmung des gastronomischen Angebots.
GenZ

Es geht um mehr als nur satt werden“, formuliert Cornelia Poletto treffend. Die Spitzenköchin betreibt drei Restaurants in Hamburg und serviert Gästen mehr als nur ein Gericht. Sie vermittelt „die Geschichte des Produkts“. Der neue Gast überlässt nichts dem Zufall und setzt sich mit fixen Vorstellungen zu Tisch: bewusster Genuss und Transparenz auf dem Teller. Das betrifft sowohl die Kommunikation der Lieferanten, die viele Gastronomiebetriebe bereits fest in ihr Storytelling integriert haben, als auch die Nährwertangaben.

Wie ticken Gäste morgen?

Neue Ernährungskonzepte wie vegetarisch, vegan oder flexitarisch werden von immer mehr Menschen gelebt. Und dabei möchte man nicht auf gehobene Kulinarik verzichten. Food Trendexpertin Hanni Rützler bezeichnet diese Gruppe als „Veg Gourmets“. Als Gegentrend stehen Fleisch und Fisch mit Herkunftsnachweis auf der Speisekarte. Dabei werden alle Bestandteile „from nose to tail“ verwertet (Stichwort: Innereien). Auch bei Gemüse und Obst wird in der Küche nach dem „Zero Waste“-Konzept gearbeitet.

Ein Besuch in der Gastronomie soll mit einem guten Gewissen einhergehen – gegenüber der Umwelt und dem Tierwohl. Dazu zählen ein ressourcenschonender Umgang mit Lebensmitteln, regionale Lieferanten und kurze Lieferketten. Die Sehnsucht nach regionalen Lebensmitteln hat bei der GenZ ein großes Gewicht bei der Kaufentscheidung – 77 Prozent sind bereit, für Lebensmittel aus der Region mehr zu bezahlen.

Unter „Comfort Food“ versteht man Hausmannskost, die Erinnerungen weckt und in einer raffinierten oder vegetarischen bzw. veganen Variante auf den Teller kommt. Dieser Trend und der Wunsch nach einem „Casual Dinner“ spielen der Wirtshausküche in die Hände: Gerichte, die nostalgische Erinnerungen wecken, sowie der Verzicht auf steife Tischkultur. Die Gemütlichkeit steht im Fokus.

Gastronom als kulinarischer Kurator

Der Gast hat eine hohe Erwartungshaltung und den Wunsch, etwas „Besonderes“ zu erleben, das er auch digital „teilen“ kann. Wer heute in die Gastronomie geht und bereit ist, Geld auszugeben, erwartet ein kulinarisches Konzept mit kuratierten Gerichten inklusive Produkten, die Geschichten erzählen und einem passenden Interieur. Der Gastronom übernimmt dabei die Rolle des Kurators: Zutaten und Getränke werden aufgrund seiner Expertise ausgewählt bzw. verarbeitet. Besonderes Augenmerk könnte auf dem Getränkeangebot liegen: Limonaden und Biere abseits der handelsüblichen Marken, eine Weinkarte mit einem Mix aus gereiften Jahrgängen, Limited Editions und Neuentdeckungen sowie ein alkoholfreies Angebot machen das Essen zum Erlebnis.

Raus aus der Bubble!

Wer nicht gefunden wird, wird bei der Auswahl nicht berücksichtigt. Die GenZ hat weniger Budget zur Verfügung und recherchiert gerne, was angeboten wird und welche Bewertungen es gibt. Wie sieht es mit Ihrer digitalen Sichtbarkeit aus? Betriebe, die seit Jahrzehnten durch Qualität und Service überzeugen, sind für zukünftige Gäste oder Touristen online oft nicht auffindbar. Wie eine APA-Studie über die GenZ (14 bis 29 Jahre) zeigt, sind Social-Media-Plattformen für 55 Prozent der GenZ die Informationsquelle Nummer 1. Zum Vergleich: Gedruckte Tageszeitungen liegen mit 10,2 Prozent auf Platz 7. Fazit: Ist ein Gastronomiebetrieb nicht auf Social Media Plattformen aktiv, wird er von mehr als der Hälfte seiner zukünftigen Gäste nicht wahrgenommen.

To-Do’s der Gastronomie

Was ist also zu tun? Ein gut gepflegter Google Eintrag, Social Media Accounts mit relevantem Content, Online-Reservierung, Reels, Videos für TikTok und YouTube, WhatsApp Business, Kooperationen mit InfluencerInnen, digitale Speise- und Getränkekarten sowie ein Newsletter sind nur einige der unterstützenden Maßnahmen. Das Herzstück: ein unverwechselbares kulinarisches Konzept und auf den Punkt gebrachte Botschaften. Erfolgreiche Kommunikation als Gastronom bedeutet, das eigene Profil zu kennen und regelmäßig zu schärfen, klare Botschaften und ein unverwechselbares Erscheinungsbild zu kreieren. Es geht darum, eine starke Marke mit Wiedererkennungswert zu schaffen.

Wer mit den Digital Natives der GenZ ins Gespräch kommt, merkt schnell, was zieht: Exklusivität ist King - Limited Editions und personalisierte Produkte funktionieren bei Sneakers & Co - und auch in der Gastronomie. Gepaart mit der Sehnsucht nach dem Außergewöhnlichen und kulinarischer Weiterbildung erfüllen Formate wie Pop-ups und Degustationsmenüs alle Voraussetzungen, um bei dieser Zielgruppe Aufmerksamkeit zu erregen.
Das gute alte Degu-Menü erlebt als gut kalkulierbares Pop-up-Event ein Comeback: Wareneinsatz und Personalbedarf sind gut planbar. Mit einem geschickten Zusatzangebot an Specials wie Übernachtung, Getränkeupgrade oder einer Produktverkostung im Vorfeld kann die Kasse noch einmal klingeln. Tipp: Degustationsmenüs bieten auch guten Stoff für Storytelling!

Chance für die Gastronomie

Das veränderte Konsumverhalten ist eine Chance, um die Bindung zu Gästen und LieferantInnen zu stärken. Im Vorteil sind jene, die sich mit dem Gegenüber auseinandersetzen, ihre Angebote entsprechend gestalten, digital kommunizieren und keine Angst vor der Transformation haben.

Quellen: 

Strive Magazin 03/2024, Seite 50
Food Report 2025, Hanni Rützler, Zukunftsinstitut
Future Menus, Die globalen Top-Trends 2024, Trendbericht Unilever Food Solutions, Seite 21
Werte und Einstellungen der Generation Z, PR-Trendradar, marketagent, APA, Juni 2024

Die Autorin

Die PR-Beraterin und Marketingstrategin Bernadette Steurer-Weinwurm ist CEO der Agentur diezwei marketing und setzt sie sich intensiv mit Trends aus den Bereichen Food, Wein, Tourismus sowie Einkaufsverhalten auseinander. In Kooperation mit Gastroberater Michael Juran unterstützen diezwei regionale Gastronomiebetriebe und Heurigen bei ihrer Transformation in Kommunikationsfragen.